Interview mit Bernard Hoffmann (2011)

Bernard Hoffmann war zwischen 2010 und 2014 der Erste Vorsitzende der Einwohnergemeinschaft Offenburg-Hildboltsweier e.V.

Hört man sich bei Neubürgern von Hildboltsweier um, bekommt man immer wieder ähnliche Geschichten erzählt: Gerade neu eingezogen, wird man von Nachbarn schnell angesprochen. Nicht Neugier, sondern eine erstaunliche Hilfsbereitschaft treibt die Hildboltsweierer um. Spricht man Bernard Hoffmann, den ersten Vorsitzenden der Einwohnergemeinschaft-Offenburg-Hildboltsweier e.V., darauf an, erfährt man, dass diese Eigenschaft ihre Wurzeln in der Geschichte des Stadtteils hat.
Bernard Hoffmann: 1932 stellte die Stadt Offenburg Erwerbslosen und Kriegsgeschädigten Grundstücksparzellen in Stadtrandlage zur Verfügung. Nach Jahren der Wirtschaftskrise wollten die ersten Siedler durch Eigeninitiative ihr Los verbessern.
Das heißt, die Siedler mussten sich gegenseitig unterstützen?
Bernard Hoffmann: Ohne diesen Pioniergeist und die gegenseitige Unterstützung wäre es damals für die Menschen nicht möglich gewesen, sich ein eigenes Heim zu schaffen. Die Grundstücke waren so geschnitten, dass sie die Selbstversorgung der Familien sicherstellten. Diese erste Generation hat damals den Geist von Hildboltsweier geprägt, das zupackende Miteinander.
Je mehr die Siedlung zusammenwuchs und sich erweiterte, um so mehr erwachte das Bedürfnis, der Gemeinschaft auch eine Form zu geben. So fanden sich im Jahre 1954 Menschen zusammen, um eine Einwohnergemeinschaft zu gründen. Die junge Bundesrepublik ermöglichte mehr Mitsprache in öffentlichen Angelegenheiten.
Bernard Hoffmann: Ziel war zunächst einmal die Interessen der Bewohner des Stadtteils gegenüber den Behörden zu vertreten. Damals gab es wahrlich viel zu tun: Wasser und Abwasserleitungen mussten erneuert und zum Teil gar erst gelegt, Straßen befestigt, Kindergärten und Schulräume errichtet werden. Bei all dem hat die neu gegründete Einwohnergemeinschaft sich Verdienste erworben.
Heute ist das natürlich längst geschehen?
Bernard Hoffmann: Weit gefehlt! Das größte Infrastrukturproblem, mit dem wir zur Zeit kämpfen, ist der Ausbau der Rheintalstrecke der Bahn, die direkt an Hildboltsweier vorbeiführt. Das dritte und vierte Gleis mit den geplanten Lärmschutzwänden würde unseren Stadtteil komplett einmauern. Deswegen sind wir auch in der Bürgerinitiative aktiv.
Hilfeleistungen und Stadtteilentwicklung sind die Basis der Arbeit der Einwohnergemeinschaft. Doch auch die Pflege des sozialen Lebens spielt eine entscheidende Rolle. Die Mitglieder machen Kranken und Altenbesuche, organisieren Sportangebote und sorgen dafür, dass es zahlreiche Möglichkeiten gibt, um sich zu treffen und auszutauschen.
Bernard Hoffmann: Um sich zu treffen braucht man einen Ort. 1961 wurde das „Jergerheim“ erbaut, das seinen Namen zu Ehren des langjährigen Vorsitzenden der Einwohnergemeinschaft Josef Jerger trägt. Es wurde inzwischen mehrfach erweitert – in Hildboltsweier wäre es eine Überraschung, wenn das nicht weitgehend in Eigenleistung der Bürger geschehen wäre – und bietet nun für über 200 Gäste eine großen Saal mit Bühne. Der lässt sich je nach Veranstaltung auch verkleinern. Dazu kommt eine öffentliche Leihbibliothek, eine Küche und ein Nebenzimmer.
Ein eigenes Stadtteilzentrum lohnt sich doch nur, wenn es auch genutzt wird?
Bernard Hoffmann: Fast jeden Tag ist etwas los bei uns: Die Bibliothek wird gut besucht, an Nachmittagen gibt’s Gymnastik und Sport, der Filmclub tagt bei uns, jeden Sonntag gibt’s Frühschoppen, um nur die wichtigsten regelmäßigen Dinge zu nennen. Dazu kommen übers Jahr verteilt Theateraufführungen und Konzerte, Flohmarkt und Pflanzenbörse und natürlich Feste und Feiern.
Tatsächlich hat sich die Qualität der Veranstaltungen herumgesprochen. Bürger aus ganz Offenburg finden sich im Jergerheim ein.
Bernard Hoffmann: Natürlich freuen wir uns immer über Gäste – und Helfer. Das muss ich dann doch auch sagen: Die Arbeit der Einwohnergemeinschaft ist ohne ehrenamtliches Engagement der Mitglieder nicht zu stemmen. Das Terminbuch ist dicht gedrängt und jede helfende Hand wird gebraucht.
Was sind die nächsten Aktivitäten der Einwohnergemeinschaft?
Bernard Hoffmann: Ich denke, eine besondere Sache wird am 15. Oktober die „Oldie-Night“. Das ist mehr als nur ein Abend zum Tanzen, denn wir versuchen den Geist der 60er bis 80er wieder lebendig werden zu lassen. Die Musikerin Monja sorgt für die entsprechenden Hits, an der Bar wird’s beliebte Cocktails aus der Zeit geben und man kann natürlich gerne in die hintersten Ecken des Kleiderschranks schauen, ob da nicht irgendwelche tollen Stücke aus der guten alten Zeit zu finden sind.
Und eine Premiere gibt’s am 23. Oktober. Da veranstalten wir zum ersten Mal ein Konzert in der Josefskirche. Das Freiburger Spezialensemble für Alte Musik „Musica Canora“ tritt in mit einem Barockprogramm auf. Das wird eines der kulturellen Highlights des Jahres sein, das weit über den Stadtteil hinaus wirkt.